Ach übrigens...

Sagen und geschichten aus dem sinngrund

DIE RINDER DES SINNGRUNDS

 

Durch die bergige Landschaft hat der Sinngrund nur wenig Fläche für Ackerbau. Dafür ist die Viehzucht sehr ausgeprägt. Insgesamt gibt es ca. 65 Viehhalter. Dabei zeichnet sich der Sinngrund durch seine große Vielfalt an Rinderarten aus. Neben schottischen Hochlandrindern, Pinzgauer Rindern und Charolais-Ochsen findet man im Sinngrund sogar eine der wenigen Wagyu-Rinderzuchten in Deutschland. Immer mehr Viehzüchter lassen sich inzwischen auch Bio-zertifizieren und wirken aktiv mit, den Sinngrund zu einer ökologischen Region umzugestalten. Auch beim Sinngrundbörger wird darauf geachtet, nur Fleisch aus dem Sinngrund  zu verarbeiten.

STRECKE 46

 

Der in den 1930er Jahren geplante Autobahnabschnitt zwischen Bad Hersfeld und Würzburg mit einer Länge von 70 Kilometern wird als Strecke 46 bezeichnet. Sie ist Deutschlands längste historische Autobahnruine und verläuft durch den Wald zwischen Burgsinn und Gräfendorf. Insgesamt stehen heute noch 32 Bauwerke entlang der nicht fertiggestellten Autobahn. In geführten Wanderungen können Sie Näheres über die Geschichte der Autobahn erfahren. Weitere Informationen finden Sie unter www.strecke46.de

BURG RIENECK

 

Die Burg Rieneck wurde ca. 1150 für die Grafen von Rieneck gebaut. Die Burg hatte eine große regionale Bedeutung, da sie die rieneckischen Gebietsansprüche sicherte und die Birkenhainer Straße, den wichtigsten mittelalterlichen Verkehrsweg der Region, kontrollierte. Seit Mitte des 16. Jhd. wechselten häufig die Eigentümer der Burg. 1967 wurde sie von der christlichen Pfadfinderschaft erworben und dient nach umfangreicher Sanierung als Schulungs- und Begegnungszentrum. Man kann die Burg besuchen und auf ihr sogar übernachten. Auch Tagungen und andere Gruppenveranstaltungen sind möglich. Abenteuerlustige Besucher können sich im eigenen Klettergarten austoben oder sogar vom dicken Turm der Burg abseilen. Bis heute ranken sich diverse Sagen und Legenden um die Burg.

SPORT IM SINNGRUND

 

Im Sinngrund gibt es perfekte Bedingungen für Fahrradfahrer. Egal ob eine Tour entlang der malerischen Sinn oder eine rasante Abfahrt durch die hügeligen Waldgebiete. Auf gut ausgeschilderten Routen kommen Einsteiger wie auch Profis auf ihre Kosten. Jüngste Erweiterungen des Bikeangebots im Sinngrund sind der Flowtrail Burgsinn und das E-Bikeladenetz des Projektes Wald erFahren. Alle, die es lieber nass mögen, können sich in den Sommermonaten im Burgsinner Freibad abkühlen. Weitere Informationen unter www.walderfahren.de sowie www.bikewald.com

DER FAHRSTUHL

 

Und falls man mal zu viel gewandert ist und keine Lust auf den Rückweg zu Fuß hat, gibt es im Sinngrund das Mitnahmenetzwerk der Fahrstuhl. Sehen Sie einen blauen Stuhl am Straßenrand, können Sie sich darauf setzen und von einem Vorbeifahrenden mitnehmen lassen. Sobald jemand stehenbleibt, kommen Sie mit dem/der Fahrer/in ins Gespräch und können eine kostenlose Mitfahrt vereinbaren. Weitere Informationen unter

www.derfahrstuhl.de

DIE SCHACHBRETTBLUME

 

Der Sinngrund hat den größten Bestand der Schachbrettblume in ganz Deutschland. Das seltene Liliengewächs fühlt sich in den Flussauen des Sinngrunds besonders wohl und ist seit jeher ein Wahrzeichen für die Region. Der Markt Obersinn veranstaltet jedes Jahr zur Blütezeit im Frühling ein Schachblumenfest. Von April bis Mai kann man die Blütenpracht auf den Wiesen des Sinngrunds bestaunen. Doch Vorsicht - die Schachbrettblume ist in Deutschland stark gefährdet und steht unter Naturschutz. Deshalb nur gucken, nicht anfassen.

DER BURGGEIST VON RIENECK

 

Vor vielen Jahren zog ein junger Wandersmann das Sinntal entlang auf Rieneck zu. Er war müde und suchte in verschiedenen Wirtshäusern vergeblich eine Bleibe, denn alle Quartiere waren bereits belegt. Einer der Wirte aber sagte zu ihm: "Wenn du Mut hast, kannst du ja im Schloß übernachten." "Mut hab' ich", entgeg-nete der Bursche, "aber weshalb brauche ich Mut, wenn ich im Schloß übernachte?" Da erzählte ihm der Wirt, was sich vor etwa 400 Jahren in der Burg zugetragen hatte. Damals gehörte sie Graf Hubert von Rieneck, der Kunigunde von Schönrain zur Frau hatte. Aber es stellte sich bald heraus, daß er ein herzloser Mann war. Da erlosch die Liebe Kunigundes zu ihm, und sie schenkte ihre Gunst einem Leibknappen. Kunigunde wollte nun ihren Gatten loswerden. So setzte sie ihm vergiftete Knödel vor. Sobald Hubert davon gekostet hatte und ihm kalter Schweiß auf die Stirn trat, rief er: "Keine Ruhe sollst du finden, weder im Leben noch im Tode!" Bald nach ihrem Gatten starb auch Kunigunde, und sie fand tatsächlich keine Ruhe in ihrem Grab.Diese Geschichte konnte aber den wackeren jungen Mann nicht erschrecken. Er ging hinauf zur Burg, fand ein leeres Zimmer und legte sich alsbald in ein fein hergerichtetes Bett. Um Mitternacht aber wurde es plötzlich lebendig. Lautlos wurde die Tür zur Schlafkammer geöffnet und eine Frau, deren Augen sich vom bleichen Gesicht blutrot abhoben, kam herein. Sie trat an den Herd, bereitete Knödel, denen sie ein weißes Pulver beimischte, und bot sie dem Burschen an. Der aber sprang aus dem Bett, riß ihr einen Knödel aus der Hand und stopfte ihn der Erscheinung in den Mund. Dabei rief er: "Im Namen der Dreifaltigkeit, iß sie selber!" Darauf sprach die Frau: "Du hast mich erlöst! Nun werde ich endlich Ruhe finden." In dem Augenblick sank die Gestalt in sich zusammen, nur ein Häuflein Asche blieb zurück. Dem jungen Wandersmann aber stand von Stund an das Glück zur Seite.

DER WEIßE HIRSCH VON AURA

 

Vor vielen Jahren beschlossen die Einwohner von Aura den Bau einer Kirche. Als Bauplatz wählten sie die Auraer Höhe, an der Straße nach Bad Orb. Schon hatten Fuhrwerke die ersten Steine und Bauholz zum Bauplatz gefahren. Da mußten die Leute bald mit Ärger und Schrecken feststellen, daß jeweils in der Nacht Bauholz entwendet wird. Um die Diebe zu ermitteln, wurden versteckte Wachen aufgestellt. Diese sahen, wie nachts ein weißer Hirsch ankam und das Bauholz auf den entgegengesetzt liegenden Hang trug, etwa dort, wo die Straße nach Mittelsinn führt. Als sich dieses Treiben Nacht für Nacht wiederholte, kamen die Leute von dem ursprünglich geplanten Bauplatz ab und errichteten ihr Gotteshaus an der Stelle, die ihnen der weiße Hirsch durch sein merkwürdiges Verhalten zeigte. Diese alte Kirche steht heute noch. Sie wird als Aussegnungshalle genutzt.

HEXENSABBATH

 

Der Pächter des kurhessischen Hofgutes zu
Mittelsinn hatte einen Schäfer. Er war ein tüchtiger Hirte und Schafzüchter und sein Ruf ging weit hinaus über die Grenzen des Dorfes, denn er war ein Dreimalweiser und wußte manches Heilmittel für Mensch und Vieh. Noch mehr, er konnte „bannen“, sogar
die Hexen. Ein Mittelsinner Bauer nun, der begierig war, das Treiben der Hexen einmal
mitanzusehen, bat den Schäfer, seinen Freund, ihn den Tanz der Hexen miterleben zu lassen und da er so dringend bat, ging
der Schäfer darauf ein. Es war in der Walpurgisnacht, vom 1. auf 2. Mai, da nahm der Schäfer den Bauer mit zum „Hexenstein“. „Nicht fürchten, nicht sprechen, nicht rühren und nicht regen, komme was da mag!“ Das schärfte der Schäfer dem Bauern ein und der blieb stark. Der Schäfer
zog mit seiner Schippe einen weiten Kreis um sich herum, währenddessen er geheimnisvolle Zaubersprüche vor sich hersprach. Die beiden Männer standen mitten im Bannkreis, als die Mitternachtsstunde schlug. Grauenhaft war das Gespenstertreiben, das nun ringsherum anhub. Dem Bauern standen die Haare zu Berg. Da zog ein Gockel heran, der zog eine Fuhre Heu ganz nahe am Bannkreis vorbei, daß die Fuhre umzufallen und die beiden Lauscher zu begraben drohte. Doch die blieben ruhig und zwangen die Furcht, die sie ankam. Und jetzt begann der Hexensabbath. Da ritten sie von den Dörfern her auf Mistgabeln und Besenstielen; auch die Dorfschöne von Mittelsinn war dabei. Glock eins verschwand der ganze Spuk. Der Sommer kam ins Land und mit ihm die Kirchweih. Da wurde fest getanzt an dem Plan unter der Linde. Da tanzte auch die Dorfschöne, die mit dabei war auf dem Hexenstein in der Walpurgisnacht. Der Bauer sah sie und flüsterte ihr zu: „Gell, heute ist es anders als damals dort oben?“ Sie antwortete ihm nicht. Aber von jenem Tag an war es mit der Ruhe und dem Frieden des Bauern vorbei. Er mochte gehen und stehen wo immer er wollte, da waren Katzen um ihn. Sie liefen des Tags ihm nach und in der Nacht schlichen sie in seine Kammer und geisterten ihn mit ihren grünfunkelnden Augen an, daß er nimmer Schlaf finden konnte. Da verkaufte der Bauer Haus und Hof, packte sein Bündel und wanderte aus
über das große Wasser. Dort suchte er Ruhe und Glück. Ob er dies fand, weiß keiner.

WIE RENGERSBRUNN ZU SEINEM NAMEN KAM

 

Der deutsche Kaiser Friedrich Barbarossa (1152 - 1190), der sich oft in der Kaiserpfalz Gelnhausen aufhielt, war ein begeisterter Anhänger des Waidwerkes und fröhnte seiner Leidenschaft in den unendlichen Weiten des Spessarts. Eines Tages, als er wieder einmal mit seinem Jagdgefolge durch die Spessartwälder streifte, verirrte sich der Kaiser bei der Verfol-gung eines kapitalen Hirsches. Ermüdet von der wilden Hetzjagd fand Friedrich Barbarossa inmitten der Eichenwälder eine klare sprudelnde Quelle, an der er sich ausgiebig labte und von den Strapazen der Jagd erholte. Nach geraumer Zeit fand das Jagdgefolge den Kaiser bei der Quelle und gemeinsam ritten sie wieder in die Pfalz nach Gelnhausen zurück. Das kleine Tal mit der klaren Quelle hatte dem Kaiser aber so gut gefallen, dass er fortan immer wieder Rast hier machte, wenn er durch die Spesssartwälder streifte. Zum Gedenken an Friedrich Barbarossa erhielt die Quelle den Namen Regisborn, d.h. Kaiserbrunnen. Die im Laufe der Zeit um die Quelle entstandene Siedlung nahm dann den selben Namen an, der sich später in das heutige Rengersbrunn wandelte.

DIE RICHTEICHE

 

Zwischen Burgsinn und dem Forstbezirk Trockenbach erhebt sich auf dem Richtberg eine mächtige Eiche. Unter ihren weitausladenden Ästen war vor grauer Zeit die Richtstätte, an der Verbrechen und schwere Vergehen gesühnt wurden. Es geht die Kunde, dass bei dem zuletzt vollstreckten Urteil eine Frau gerichtet wurde. Sie hatte ihr Kind getötet und wurde deshalb enthauptet. Der Scharfrichter hatte ein stumpfes Schwert. Er benötigte deshalb sieben Hiebe, bis der Kopf vom Leibe getrennt war. Das war so schrecklich anzuschauen, dass alle Leute, die der Hinrichtung beiwohnten, vor Entsetzen davonliefen. Seit jenem Tage wurde an der Eiche kein Urteil mehr vollstreckt. Der Baum aber behielt seinen Namen bis zum heutigen Tag.


OBERSINN UND LEO WEISMANTEL

 

Einen ganz besonderen literarischen Leckerbissen findet man im Markt Obersinn. Hier war der Schriftsteller Leo Weismantel beheimatet. Er ist deutschlandweit bekannt für seine Romane, Erzählungen, Bühnenstücke und Sachbücher. Leo Weismantel war nicht nur ein erfolgreicher Schriftsteller, sondern auch ein bedeutender Pädagoge. Lange war er Professor an der hessischen Lehrerbildungsanstalt in Fulda. Seit Sommer 2019 gibt es in Obersinn auch ein eigenes Leo-Weismantel-Haus, das sich dem Leben und Wirken des berühmten Marktbewohners widmet.

 

DAS SCHLOSS IN DER SÜNFTE

 

In alter Zeit, als das Tal noch voller Sümpfe und Seen war, im Tal, aber auch in den Wäldern, stand in der „Sünfte“ ein Schloß, es stand mitten im See auf einem Felsengrund, der aus den Wassern herausragte. Die Dörfer rundum waren drei Jungfrauen zins- und steuerpflichtig. Die drei Jungfrauen lebten in Saus und Braus, zogen aus edlen Ständen Liebhaber herbei und führten in Schlemmerei und Zechgelagen ein Sündenleben zwischen all den Dörfern der Armen und Hungernden. Als sie eines Tages wieder ein solches Lasterfest feierten, es war eine große Hungersnot im Lande, kam das Volk von Obersinn, die Alten, Greise und Greisinnen, Männer und Frauen, junge Burschen und Mädchen und Kinder zu jenem See, in dessen Mitte das Schloß in der Sünfte stand. Da standen sie rundum, ausgemergelt, bleich und zitternd vor Hunger, aus dem Schloß aber drang die Musik der Geigen und Flöten und Posaunen, das Gestampfe und der Jubel der Tanzenden. Und schließlich kamen die drei sündhaften Jungfrauen mit ihren Tänzernauf einen Balkon, der über den Wassern des Sees hing, sie sahen die Armen, die Hungernden, lachten und ergötzten sich an diesem Anblick des Elends und ließen dann körbeweise Brote herbeitragen und warfen die Brote hinaus in den See und riefen den Hungernden zu: ,,Fangt! Fangt! Wenn Ihr Hunger habt, lauft über die Wasser des Sees und fangt auf das Brot!“ Die Hungernden aber standen starr vor
Entsetzen. Sie sahen die Brote, sie sahen den Frevel, sie standen da wie erstarrt.


Alle Sagen – vereinzelt unter sprachlicher Anpassung – entnommen aus: Heinrich Lutz: Sagen und Geschichten aus dem Landkreis Gemünden am Main | Fotos: Stefan Bausewein